Diethart schlägt ein Schnippchen – DSV-Adler springen hinterher – Schmitt sagt Servus

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„Stille Nacht, heilige Nacht“, trällerte es unterhalb der Schattenbergschanze in Oberstdorf. Nein, es war nicht Heligabend. Weihnachten war bereits Tage vergangen. Stattdessen war so eben das traditionelle Auftaktspringen der Vierschanzentournee zu Ende gegangen. Simon Ammann hatte sich den SIeg beim ersten Tourneespringen gesichert. Gemeinsam mit Peter Prevc folgte ein gewisser Thomas Diethart aus Österreich auf Platz drei hinter Anders Bardal.

Es sollte für den 21-Jährigen aus Niederösterreich der Auftakt eines Skisprungwunders werden. Mit einem SIeg in Garmisch-Partenkirchen und Platz fünf in Innsbruck katapultierte sich der Youngster an die Spitze. Auch im letzten Springen in Bischofshofen ließ er nichts mehr anbrennen und sicherte sich wie aus dem nichts den Tourneesieg. Simon Ammann, hinter Thomas Morgenstern Tournee-Dritter, musste neidlos anerkennen: „Thomas, du hast der ganzen Weltelite ein Schnippchen geschlagen.“

Phönix aus der Asche

Wie Phönix aus der Asche kam der zurückhaltende Österreicher und löste den dieses Mal schwächelnden Gregor Schlierenzauer als Tourneesieger ab. Trotz seiner mangelnden Weltcup-Erfahrung (der Weltcup in Engelberg war der erste für ihn diese Saison) zeigte Diethardt keine Nerven, selbst wenn er als Letzter vom Balken musste.

Ganz anders die deutschen Adler. Platz fünf von Andreas Wellinger in Garmisch-Partenkirchen war das beste Einzelergebnis. In der Gesamtwertung spielten die hochgehandelten Severin Freund, Richard Freitag und Marinus Kraus keine Rolle. Doch woran hat das kollektive Versagen der DSV-Adler gelegen? Die Experten sind sich (un-)einig. Sven Hannawald sieht „ein mentales Problem“ . Jens Weißflog fordert, dass es auch mal im Team krachen muss. Auch Bundestrainer Werner Schuster nahm kein Blatt vor den Mund und erklärte im „Der Spiegel“: „Die Gesamtwertung sieht wirklich fürchterlich aus“. Zumindest, das ist positiv festzuhalten, wird nichts schön geredet im deutschen Team. So lässt sich im vor allem im Hinblick auf den Team-Wettbewerb optmitisch nach Sotschi schauen.

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Die deutschen Adler sorgten bei der 62. Vierschanzentournee für kein Feuerwerk

Denn fest steht, die Zeiten in den deutsche Skispringer im Einzel Sieggaranten bei Tournee und anderen Großereignissen waren, sind längst vorbei. Die Zeiten, in denen deutsche Springer in Innsbruck und Bischofshofen ausgepfiffen oder wie nach Hannawalds Vierfach-Triumph zumindest ehrfürchtig bewundert wurden. Zeiten in denen wie bei der WM 1999 in Bischofshofen Gold und Silber nach Deutschland gingen. Längst haben die Österreicher uns abgehängt. Seit sechs Jahren stellen die Ösis den Tourneesieger, während Skisprung-Deutschland seit Hannawalds Wundertournee 2002 nichts mehr zu feiern hatte.

Sehnsucht nach deutschen Siegspringern

Neben Sven Hannawald war der Skisprung-Boom vor allem Martin Schmitt zu verdanken. Jener Martin Schmitt, der sich bei dieser Tournee ein letztes Mal von seinen Fans verabschiedete. Olympia-Gold, vier WM-Titel, zwei Weltcup-Gesamtsiege und 28 Weltcup-Siege, keine Frage, Martin Schmitt gehört zu den ganz Großen seiner Zunft. Doch der geneigte Skisprung-Fan stellte sich in den vergangenen Jahren immer wieder die Frage: Warum? Warum tust du dir das an?

Martin Schmitt bei seinem letzten Auftritt in Garmisch-Partenkirchen Fotos: Storch

Nur noch eine Randfigur: Martin Schmitt bei seinem letzten Auftritt in Garmisch-Partenkirchen
Fotos: Storch

Schwer vorstellbar, dass es nur der gut dotierte Milka Vertrag war, der Martin Schmitt zum Weitermachen ermunterte. Während die alten Konkurrenten Sven Hannawald oder Adam Malysz längst in Talkshows oder auf Rennstrecken zu finden waren, hüpfte Martin Schmitt weiter. Weiter hinterher. Das Alter vor Leistung auch im Skispringen nicht schützt, zeigt diese Saison Noriki Kasai. Doch bei Martin Schmitt lief nicht mehr viel zusammen. Doch selbst der Continentalcup, die zweite Liga des Skispringens, schreckte einen, der schon alles gewonnen hat, nicht ab. Vor der Leidenschaft für seinen Sport kann man nur den Hut ziehen.